Wanderungen in China

auf der großen Chinesischen Mauer, den Bergen Huashan und Emershan.

30.08.2024 Peking - Große Chinesische Mauer

Ausgeschlafen und wie es scheint, den Jet Lag hinter uns gelassen. Ausgiebig gefrühstückt, sodass der Tag für Toma wunderbar begann. Der Fahrer holte uns fast pünktlich vom Hotel ab und wir starteten in Richtung der Großen Mauer nach Norden. Die Straßen sind einfach nur gediegen. Kein Schlagloch, perfekter Asphalt, ziemlich kultivierter Fahrstil, kein Hupen und das überall. Kameras an jeder Ecke. Die Tollstationen verfügen ebenso über automatische Nummernschilderkennung und es entsteht kein Stau. Kleine Staus, so von 20-30 Sekunden können schon mal vorkommen, waren aber bei uns selten. Wir waren aber auch nicht zu den Stoßzeiten unterwegs. Als wir die Stadt verlassen hatten, verlief parallel zur Autobahn eine Bahnlinie auf Betonpfeilern, alle 50 Meter riesige Stützen, darüber eine Hochgeschwindigkeitsstrecke. Infrastruktur vom Feinsten. Tunnel durch die Berge, keine aufwendigen Kurven und Steigungen, geradeaus ging es mit 120 km/h vorwärts. In einen VW Passat mit 3.3 Liter Motorisierung eine Geschwindigkeit die sich wie 60 anfühlt und da die Straßen spiegelglatt waren, das Auto also erschütterungsfrei fuhr, segelten wir weich wie auf einem Luftkissen vorwärts. So etwa 100 km im Norden begannen die bewaldeten grünen Berge und die Vorstattsiedlungen, die von der Autobahn wie geleckt aussahen, endeten. Nach zwei Stunden Fahrt machten wir an einer Autobahnraststätte halt.
Tankstelle, Einkaufsmöglichkeit, Toiletten (10 fach überdimensioniert, was die Kapazität betrifft und kostenlos), Restaurant alles vorhanden. Toma kaufte völlig überteuert 3 Mandarinen (naja Preise wie bei uns auf der Autobahn.
Von der Raststätte bis zur Mauer waren es noch 45 Minuten, die wir auf einer kleineren Autobahn und Landstraßen (ebenso perfekt ausgebaut) absolvierten.
Der Verkehr auf der Autobahn war sehr moderat. Als wir Beijing verlassen hatten, würde ich sagen, sogar gering. Halb eins erreichten wir unser Hotel, gingen aber erst einmal zum Eingang der Parks „Großen Mauer“, kauften die Tickets und checkten dann ein. Nirgendswo Menschen, wir genießen die Stille und Ruhe. Auch im Hotel kaum Gäste. Vor uns checkte eine 4-köpfige deutsche Familie ein, der Mann arbeitet für BMW in China als Expat.
Die Große Mauer liegt vor uns und wir können schon einige Türmchen sehen. Da es aber draußen noch zu heiß für einen Spaziergang ist, warten wir hier im netten Hotel noch eine Weile. Mittag gegessen haben wir auch schon, Tofu, Chinakohl und Pelmeni (Teigtaschen gefüllt). Toma macht ihre Sache als Übersetzerin perfekt.
¾ Vier brachen wir auf, auf die Mauer, das einzige heute noch existierende Weltwunder, wenn man mal von den neu definierten absieht. Am Eintritt wurde unser Gesicht registriert, so können wir jetzt 24 Stunden diese außerordentliche Sehenswürdigkeit anschauen. Es ging bergauf. Die Mauer befindet sich hier auf dem Grat, den Bergrücken und die mussten wir erst einmal erklimmen. Vielleicht etwas mehr als die Halde Hoheward ging es bergauf, immer unter Aufsicht der Kameras, die alle paar Meter installiert waren. Den Weg verlassen konnte man auch nicht, da es links steil bergab und rechts steil bergauf ging. 15 Minuten und wir waren oben. Obwohl der Weg durch einen schattigen Wald führte, war es noch gut warm und anstrengend.
Wir waren völlig alleine. Keine Touristen, keine Chinesen, niemand war weit und breit zu sehen. Als wir dann den ersten Turm erreichten, saß in dessen Inneren in Schatten eine Chinesin, die wahrscheinlich als Aufsichtsperson hier am westlichen Ende des begehbaren Abschnittes der Mauer eingesetzt war.
. Wir fragten sie, ob wir weiter auf der Mauer gehen durften und sie meinte bis zum nächsten Turm ja, danach wäre der Weg zu Ende. Der nächste Turm war 150 – 200 Meter entfernt. Es ging steil bergauf auf der Mauer. Die Mauer war hier ohne Begrenzung – also nur die waagerechte Komponente war vorhanden (unter uns natürlich 10 Meter Mauerwerk), sodass wir in der Mitte gehen sollten und langsam, wie Toma den Rat der Aufseherin übersetzte, dann würde uns nichts passieren.
Wir traten heraus aus dem Turm, gingen wenige Schritte auf der Mauer und plötzlich wurde uns richtig bewusst, wo wir uns befanden. Vor uns die chinesische Mauer, hinter uns die chinesische Mauer, kein Mensch weit und breit und die Landschaft ein Traum, grün bewachsene schroffe Berge durch die sich die Mauer wand, unterbrochen ab und zu von Wachtürmen und das soweit das Auge reichte. Und obwohl es durch die Hitze recht diesig war, reichte der Blick doch viele, viele Kilometer weit, Hügelkette an Hügelkette reihte sich aneinander, bis dann eine hohe Bergkette den Horizont bildete, auf den sich die Sonne langsam absenkte.
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Am Turm angekommen, wurde klar, warum es nicht weiterging. Die Mauer führte in ein Militärgebiet, wir machten ein paar Aufnahmen von der Mauer in dieser Richtung und kehrten um. Nun die Blicke in die andere Richtung (Osten, wo die Sonne nicht unterging) und auch sie trafen auf Hügelketten auf denen sich die Mauer durch die Landschaft schlängelte. Und es waren kaum Merkmale der Zivilisation vorhanden, die das romantische Bild störten, vielleicht da oder dort mal eine Überwachungskamera oder ein Handymast, aber keine Ortschaften, keine Felder, einfach perfekt.
Es folgten viele original erhaltene Abschnitte der Mauer, wir atmeten Vergangenheit pur ein, fühlten uns überwältigt und dankbar für diese unglaublichen Anblicke. Eigentlich hat sich die Reise jetzt schon bezahlt gemacht, das Erlebnis Chinesische Mauer hat wunderbare Emotionen ausgelöst, die ja entscheiden, wie der Urlaub war. Krass war natürlich auch der Gegensatz zum gestrigen Tag, mit Menschen über Menschen und nur 2,5 Fahrstunden von dem Ort entfernt an einer (der) Weltsehenswürdigkeit, bekannter als die Lama- oder Konfuzius-Tempel Beijings, wir ganz alleine. Fast wie auf dem Tepui Roraima, den wir auch einmal eine ganze Nacht für uns alleine hatten.
Dass wir hier ganz alleine rumturnten, machte Toma ein wenig nervös, denn es wurde ja bald dunkel (in zwei Stunden) und wir (also Toma) hätten uns ja auf der Mauer verlaufen können und die unebenen sehr steilen Abschnitte in der Dunkelheit gehen, das wäre sehr gefährlich.
(Mir gefiel der Gedanke, dass wir uns auf der Mauer verlaufen und ich gelobte, dass das nicht vorkäme!)
Ja die Originalabschnitte der Mauer hatten Treppenstufen zu überwinden, wo es manchmal die Zuhilfenahme der Hände erforderlich machte, um die großen Höhenunterschiede zu überwinden (sowohl bergauf als auch auf Abschnitten bergab.) Denn eins war die Mauer nicht, eine Waagerechte. Eine Wasserwaage war hier nicht zur Anwendung gekommen. Sie machte jedes Auf- und Ab der Berge mit, wobei man sich manchmal fragte, wie die Mongolen überhaupt über die steilen Berge hätten kommen können.
In einem weiteren Turm trafen wir auf eine Mutter mit zwei Teenager die hier auf den Sonnenuntergang warteten. Hier überholte uns auch die Wärterin, deren Dienst wohl vorbei war. Der westliche Aufgang wurde um 17 Uhr geschlossen. Wir brauchten ihr also nur zu folgen und würden einen weiteren Mauerabgang finden. Aber wir hatten es ja nicht eilig, wir wollten den Sonnenuntergang auf der Mauer erleben. Nach weiteren gelaufenen Abschnitten auf der Mauer sahen wir dann in der Ferne endlich Menschen. Das beruhigte Toma und Verlaufen war nicht mehr aktuell, obwohl sich die Mauer weiter vorn in zwei Richtungen aufteilte. Auf dem 3. oder 4. Turm stand eine Kühlbox mit Getränken, ein QR – Code zum Bezahlen, die Kasse des Vertrauens des 21. Jahrhunderts auf der Mauer aus dem Vergangenheit.
In der Mitte des hiesigen Mauerabschnittes angekommen, wir hatten den westlichen Teil begangen, waren dann auch zwei drei Touristen und die doppelte Anzahl Chinesen, die sich das Wunder anschauten. Drohnen summten um uns herum, aber ich ärgerte mich nicht, dass ich meine zuhause gelassen hatte, denn Fotomotive gab es ausreichend, auch ohne in die Luft zu gehen. Die Sonne kam dem Horizont schon näher, das Licht wurde besser, die Schatten, die die Mauer auf die Landschaft warf länger, die Frequenz der Fotoauslösungen wurde häufiger. Übrigens meine Kamera Sony Alpha III ist repariert und auf dem Weg zurück nach Marl.
Der perfekte Ort für den Sonnenuntergang musste gefunden werden, und da alle mit großen Kameras bewaffnet die Mauer in Richtung Osten hinaufstiegen, schlossen wir uns diesem Trend an. Oben war die Drohnenpiloten und Hobby oder Profifotografen, wer weiß. Eine chinesische Gruppe alle mit japanischen Top-Kameras fotografierten zwei russische Mädchen, was beiden gefiel, aber es war nicht klar, ob sie zusammengehörten. Die Bilder, die sie dann von uns beiden gemacht hatten, waren nicht Profiniveau. Egal, wir hatten Spaß, und erlebten den Sonnenuntergang in Gemeinschaft.
Er war lichtmäßig sowie vom Himmel zu urteilen nicht spektakulär, aber das Feeling war großartig, die Umgebung bilderbuchartig, Toma verdrängte sogar die Gedanken an das Abendbrot, wir wollten gar nicht gehen, von der Mauer absteigen.
Als das Licht völlig ausgelutscht war, kehrten wir dann doch zum Hotel zurück und nahmen uns vor, morgen wiederzukommen

Bilder vom Sonnenuntergang

30-31.08.24

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31.08.2024 Jinshanling – Große Chinesische Mauer

Wir kamen wieder und zwar nachdem wir ausgeschlafen und gefrühstückt hatten. Als Aufstieg wählten wir den Weg zur Mauer, die von dem Hauptstrang der Mauer abzweigte und ein wenig in unser Tal hineinreichte. In einer Viertelstunde waren wir oben. Es war bewölkt und die Sicht eingeschränkt, manchmal tröpfelte es, aber Maßnahmen wie Regenschirm oder Regenbekleidung waren nicht von Nöten. Heute Morgen trafen wir doch den einen oder anderen Chinesen, die meisten davon aber nutzten die Seilbahn und auf dem Weg nach oben waren wir im Wald alleine unterwegs. Gestecktes Ziel war, den östlichen Teil der 10,5 Kilometer langen Mauer in Jinshaling abzugehen (den westlichen Abschnitt waren wir gestern gewandert).
Wie ich im Internet am Abend gelesen hatte, soll dieser Abschnitt der Mauer der fotogenste sein und auch nicht so stark frequentiert. (Da wir kaum einen Menschen getroffen hatten, war ich natürlich neugierig warum, und habe das Internet befragt.) Ein Drohnenpilot meinte gestern, dass viele Pekinger diesen Abschnitt nicht kennen würden. Wir können natürlich nicht sagen, ob gerade dieser Teil der Mauer der beste ist, aber er ist wunderschön, sehr vielfältig, enthält eine Menge unberührter (nicht restaurierter) Abschnitte, besonders in den etwas abgelegenen Mauerteilen, die also nicht so leicht von der Bergstation der Seilbahn erreichbar sind und bietet fast von jedem Punkt der 10 Kilometer traumhafte Ausblicke auf die Mauer und die sie umgebenden Berge.
Und manchmal möchte man es gar nicht glauben, dass am Horizont, wo noch höhere, steilere Berge waren, auch Türme auf dem Kamm zu sehen sein sollen. Beim genaueren Hinschauen waren es immer Teile der Mauer! Ich weiß nicht wie viele Türme wir passierten, Anstiege wir meisterten und unzählige steile Ebenen nach unten gingen. Die Steigungen, ob nun bergauf oder bergab waren häufig 45 Grad, also 30 cm vorwärts und 30 cm ab- oder aufwärts. An einigen Stellen, u.a. in den Türmen, ging es noch haariger zu, da war schon manchmal das Verhältnis Aufstieg zu Vorwärts 2:1 (also etwa 60 Grad), sodass wir hier unsere Hände gut gebrauchen konnten und der Fotoapparat vor dem Bauch störte.
An einer Stelle, wir gingen bergauf – glatt, ohne Stufen-, kam uns eine Gruppe Ausländer entgegen, die alle an der Mauer entlangschlichen, um sich dort festzuhalten. Die Steigung war um die 40 Grad, also so grenzwertig, dass man durchaus ins Rutschen kommen konnte (bei Regen wäre es definitiv eine Rutschpartie geworden), selbst im Gebirge würden wir solche Wege nicht ohne weiteres gehen. (60 Grad ist im Gebirge nicht gehbar, das ist definitiv Kletterei). Und wenn bei solchen steilen Stücken dann die Mauerbegrenzung fehlte, da sollte man schon schwindelfrei sein, denn es war ja nicht umsonst so steil, der Abgrund war nur Zentimeter entfernt.
Also nicht nur atemberaubende Landschaft, sondern auch noch Abenteuer obendrein. Das trübe Wetter hatte auch einen Vorteil, es war nicht so heiß, gut für die vielen Höhenmeter, aber die Luftfeuchtigkeit war nahe 100 %, somit Schwitzen vorprogrammiert.
In einigen Towern, in denen die überdacht waren, saßen fliegende Händler, die Erfrischungen, Wegzehrung und Souvenirs anboten. Sie lauerten Toma immer auf, quatschten mit ihr, wickelten sie ein und dann sollte (musste) sie etwas kaufen. So kauften wir eine Cola für 2.5 Euro, die Schweizer hätten gelacht und es als Schnäppchen bezeichnet. Hier in China hat sich die Verkäuferin gekringelt, denn bei der nächsten bekamen wir die Cola für die Hälfte. Die Verkäuferinnen waren ältere Frauen aus der ferneren Umgebung, die früher als Bäuerinnen gearbeitet hatten. (Bauernschläue!)
Ich machte viele Bilder, es war einfach nicht möglich, keine zu machen. Alles so einmalig, so großartig, man würde etwas verpassen, wenn wir es nicht getan hätten. Eine 128 GB Karte ist nun bereits voll und ich bereue nichts.
Und es wurde nicht langweilig. Irgendwie schienen sich die Motive doch auf eine Art und Weise immer zu ändern, obwohl wir ja langsam liefen und die Mauer riesig war, das Ringsherum sich also kaum änderte. Besonders die steilen Abschnitte ließen sich fototechnisch kaum wiedergeben, die Luftnot, das Hecheln war ja auf dem Bild nicht zu hören. Wir genossen jeden Meter der Mauer, selbst die bergauf. Die Gesamtdistanz, die wir heute auf der Mauer zurücklegten betrug etwa 7 km. Da ändert sich dann schon etwas. Da schauten wir schon mal auf die Autobahn, wie sie in einem Tunnel verschwand oder eine Brücke ein Tal überquerte, auf große chinesische Fahnen auf einem riesigen leeren Platz, Dörfer oder Häuseransammlungen, denn dörflich sah da nichts aus, keine Landwirtschaft, aber die Hänge in der Ferne sahen aufgeforstet aus.
Irgendwann, schon nach 12, deutlich nach 12 Uhr, vielleicht auch schon nach 13 Uhr, waren wir dann am letzten Turm des Mauerabschnittes, wo der Weg nach unten führte. Nicht an jedem Turm konnte man absteigen, na und von der Mauer direkt führte kein Weg nach unten. Wir fragten die Bäuerin-Verkäuferin, ob wir noch weitergehen können. 4 Türme noch, war die Antwort, aber nur auf einer nicht renovierten Mauer. So taten wir, gingen weiter und genossen noch einmal Mittelalterfeeling pur, zugewachsene schmale Mauerabschnitte, kein ebener Grund, man musste aufpassen, wo man hintrat, aber schöne Blumen, viele Insekten (und auch der Großen Mauer alle Ehre machende, sehr große dabei), sogar ein Eichhörnchen querte unseren Weg. Am letzten Turm war die Tür verschlossen.
Wenn wir die drei davor alle umgehen konnten, war dies hier nicht möglich, denn aus dem Fenster neben der Tür schaute ein Chinese und meinte „guanla“, also nein, kein Weg, geschlossen. Wir kehrten zurück zur Bäuerin, kauften zwei! Cola für den Preis von einer, erholten uns ein wenig und stiegen ab.
1400 Meter auf Treppen bergab. Sehr schöner Weg, mit Blick zurück auf die Mauer, Blumen und Pilzen am Wegrand. Genusswandern pur. Ein wenig seltsam empfanden wir sich schon die Kameras, die uns permanent begleiteten. Was wäre es toll, wenn wir die Aufnahmen bekämen und daraus ein Chinavideo zusammenschneiden könnten.
Unten angekommen, befanden wir uns am East Gate, mussten aber zum Main Gate. Transferbusse waren nicht zu sehen, dafür ein Taxifahrer, der einen super Preis für uns hatte. Den wir aber nicht bezahlen wollten. Bis zum Eingang in den Park waren es 2,5 Kilometer und ein junger Mann aus Deutschland hatte auch keine Lust auf überteuerte Taxis, sodass wir zusammen den Weg zurück per Fuß auf uns nahmen. Da wir viel zu erzählen hatten, merkten wir gar nicht, wie die Zeit verging.
Er fuhr mit dem Bus zurück nach Peking, wir liefen die 1,5 Kilometer noch bis zum Hotel.
Heutiger Tag: 13 km, davon 7 auf der Mauer, 800 Höhenmeter (hoch und runter)


Hier alle Bilder von der Chinesischen Mauer:

Grosse-Mauer

30-31.08.24

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3. September 2024 Pingyao – Huanshan

Wir fahren, fahren mit der Eisenbahn. Wieder. Schon fast wie die Profis. Der Pass reicht um alle Türen zu öffnen. Da wird einem erst einmal klar, warum das Ding Pass heißt, kommt von passieren. Wir stehen schon gleich in der richtigen Reihe. Mit uns 8 Auslandschinesen, die aber kein Chinesisch sprechen. Beim Auflaufen auf den Bahnsteig gibt es aus dem Lautsprecher lautes Bellen, eine unzufriedene Männerstimme ist hörbar unzufrieden. Klar, ein Großteil der Passagiere geht rechts vom gelben Strich, der etwa 5 Meter vom Ende des Bahnsteiges, also dem Abgrund zu den Zügen entfernt ist. Obwohl weit und breit kein Zug zu sehen ist, widerspricht dies wohl den Vorschriften und muss umgehend korrigiert werden. Der Lautsprecher beruhigt sich erst, als alle Füße jenseits der gelben Linie sind.

Heute haben wir einen D-Zug (In Deutschland kommt die Bezeichnung von „D“ wie durchgehend, also nicht an jeder Station haltend und somit schnell unterwegs). Also heute keinen G-Zug, was für den schnellen Zug in China steht. So bummeln wir mit 225 km/h so vor uns hin. Den Morgen haben wir im Hotel verbracht. Wurden 10 Uhr vom Marschflugkörper – Piloten mit seinem Honda abgeholt, der aber heute etwas moderater fuhr. Auf den Straßen scheint es für den Nicht-Eingeweihten zwei Universen zu geben, eins für Autos, Laster (vierrädrige Fahrzeuge) und ein Universum für weniger als vier Räder. Diese Fahrzeuge fahren immer, egal ob rot oder grün ist, ob es sich um einen Fußgängerübergang handelt oder sie mitten auf der Kreuzung sind oder auf einer vierspurigen Straße, mit Höchstgeschwindigkeit 50 km/h, wo aber die Vierräder mit 100 km/h entlangpreschen. Es gibt noch viele Geheimnisse Chinas zu ergründen.
Toma hat eins schon für sich entschlüsselt, das Geheimnis des heißen Wassers. Gerade hat sie sich eine Suppe im Zug aufgebrüht. Der heutige Zug unterscheidet sich aber nicht vom dem Vorgesten. Wir fahren durch eine hügelige Landschaft, nicht etwa bergauf, bergab, nein Tunnel rein, Tunnel raus. Die Felder erinnern mich eher an eine Zugfahrt durch Polen. Wenn der Zug von Weißrussland mit seinen riesigen Feldern nach Polen kommt, sieht man plötzlich handtuchgroße Felder. Hier ist die Größe vielleicht ein Badetuch, also ein wenig größer, aber es scheint sich wohl doch noch um Familienbusiness in der Landwirtschaft zu handeln.
Bis jetzt war die Abwechslung von Stadt, Natur, Alter Stadt perfekt. Es folgt ein Berg, morgen, heute ziehen wir um.
Vielleicht noch in entspannter Zugatmosphäre einige Nachträge aus Pingyao:
Pingyao ist für viele Chinesen auch ein attraktives Ausflugsziel und besonders beliebt wegen der Möglichkeit sich dort zu verkleiden und verwandelt durch die Stadt zu flanieren. Meist reicht das nicht, denn um den Besuch perfekt zu dokumentieren, wird auf der Straße getanzt und die Tanzvorführung auf Video aufgenommen. Landet dann wahrscheinlich bei TikTok. Ich bin gespannt, ob wir dies in anderen Städten auch erleben werden.
99 Museen befinden sich in den „Hinterhöfen“, also für jeden Geschmack etwas. Für meinen Geschmack zu viel. Pingyao erlangte Berühmtheit wegen seiner Banken. Das Problem im Mittelalter war, dass die Wege unsicher waren und die Händler ausgeraubt wurden. Deshalb wollten sie kein Geld mit sich führen. Die Banken von Pingyao garantierten den Händlern, dass sie auf ihr Geld überall zugreifen konnten. Also die Idee des Bankomaten war in China schon vor Zeiten verwirklicht. Jetzt gibt es Alipay und Ali bezahlt alles (holt es sich aber wieder).
Zu erwähnen wären noch die Massagesalons, Fuß- und Rückenmassage werden angeboten. In manchen Salons fressen Fische einen von den Füßen die Hornhaut weg oder die Geruchsstoffe und für 20 Yuan (2,50 €) bekommt man eine Flatrate für saubere, geruchsneutrale Füße (bade solange du willst).
Vor jedem Restaurant stehen oft verkleidet in altertümlichen Gewänder Frauen oder Männer und bitten die Vorbeigehenden herein. Tja und nein sagen ist ja nicht schicklich. Also lernte ich das Wort „schila“, was soviel bedeutet wie „schon gegessen“. Das erwies sich als äußerst hilfreich und nützlich. Der Gesichtsausdruck desjenigen, der uns einlud, hellte sich fast immer merklich auf. Mitunter klang es noch hinter uns her: „Er hat „schila“ gesagt, die Langnase hat „schila“ gesagt, er hat schon gegessen.“ Und beide waren zufrieden.
Selten wurden auch wir um ein Foto gebeten, dem wir natürlich wohlwollen nachkamen. Öfters wahrscheinlich geschah es heimlich, dass wir auf Handy aufgenommen wurden.
Ja, Kameras gibt es überall, zumindest an allen öffentlichen Plätzen, Museen, den engen Gassen, überall, mir scheint lückenlos. Es stört niemanden. Mich auch nicht, obwohl ich mich nicht als fotogen bezeichnen würde und schon gar nicht als fotogeil. Aber man muss sich ja den Gegebenheiten des Landes anpassen. Wir sind ja zu Gast hier. Manchmal denke ich, dass die Bewegungsmelder (Wärmesensoren) an den Pissoiren auch eine Kamera beinhalten. Wer weiß. Wie bereits gesagt, es wäre spannend, einen Zusammenschnitt von allen uns aufgenommenen Kameras als Erinnerung zu erhalten. Bei der heute schon verfügbaren KI für Videoverarbeitung wohl kein großes Problem. (Nur wie das mit der Gesichtserkennung auf dem 00 klappen soll, ist vielleicht noch nicht klar.)
Gerade fahren Früchte vorbei und ein Polizist geht durch den Wagen. Bei den Früchten schlagen wir zu. Die Verkäuferin wird sie aber erst noch einmal waschen, obwohl sie in einer Plastikbox super sauber aussehen. Ali bezahl gerade nicht, weil wir durch einen Tunnel fahren.
Wir haben uns, wie berichtet, eine SIM-Karte von China-Mobil gekauft, also bezahlt. Jeden Tag bekommen wir aber Anrufe mit tollen Angeboten, also Werbung. Netter Versuch, aber nach Ni Hau (guten Tag) verstehe ich nichts mehr. So richtig funktioniert das Netz hier auch nicht, zumindest bei unseren Mobil-Teilen. Aber irgendwann gehen dann die Nachrichten doch raus, wenn man auch die Hoffnung schon aufgegeben hatte. Alipay hat bei mir bisher immer funktioniert. Bei den in China verpönten Anwendungen ist es schon schwieriger. Was sind wir auch anspruchsvoll geworden. Noch vor wenigen Jahren waren wir über jedes Wifi im Hotel überglücklich.
Wir erreichen Xian pünktlich. Warum schreibe ich das überhaupt. Man muss auch mal loslassen können vom unzuverlässlichen System Deutsche Bahn. Hier wartete eine neue Herausforderung auf uns, wir mussten umsteigen, in den Zug nach Huanshan. Alle strömten dem Ausgang zu, wir mit. Aber wir mussten ja in die Wartehalle. An der Auskunft erhielten wir die strikte Ansage: 3, drei. Auf den Anzeigetafeln oben an der Decke gab es aber nur die Ausgänge 2 und 4. Auf erneutes Anfragen erhielten wir trotz Gestikulierens und zeigen noch oben auf die Ausgänge nur wieder die Antwort drei. Theoretisch sollte die 3 in der Mitte von 2 und 4 liegen, aber weit und breit von einer 3 nichts zu sehen. Wir gingen also von Anzeigetafel 2 zur Anzeigetafel 4 und fragten dort an der Information erneut nach. Da sprach jemand Englisch. Die verbale Erklärung war auch nicht erhellend und so nahm uns die Frau ans Händchen, führte uns zum Lift, der 4 Meter entfernt war und drückte den Knopf mit der Nummer 3 und sprang zurück aus dem Lift. Eureka. Es schien, als hätte sie uns in eine Falle gelockt. Oben auf drei angekommen, lag vor uns die Wartehalle, riesig, so etwa wie die Abflughalle des Düsseldorfer Flughafens, na vielleicht etwas kleiner, doch davor hatte der Chinese automatische Türen gesetzt, die unseren Pass nicht lesen wollten. Ein Humanoiden gab es auch nicht in der Nähe. Wir waren also gefangen oder mussten mit dem Fahrstuhl wieder hinunterfahren, was uns wenig attraktiv erschien. Ich ging mit dem Koffer einfach auf die geschlossenen Schranken zu und bingo, das löste Alarm aus. Ein eklig hoher Ton, der erst verstummte, als ich wieder aus der Schleuse heraus war. Aber ein Bahnmitarbeiter sah uns, befreite uns und wir durften die Wartehalle betreten. Unser Zug stand schon auf der Anzeigetafel für Bahnsteig 15 und davor befanden wir uns auch schon.
Draußen war es warm, sehr warm, aber die Wartehalle klimatisiert. Was für ein Luxus. Man stelle sich einen Bahnhof 10 Mal größer und moderner als Stuttgart 2035 vor (er muss ja nicht in Deutschland sein in der Vorstellung) und dieser ist klimatisiert. Pause – Zeit für diese Vorstellung.
Mit deutlich über 300 km/h schwebten wir unserem endgültigen Ziel für heute entgegen und waren in 25 Minuten vor Ort. Hier gab es eine herbe Enttäuschung, keine Rolltreppe. Die Koffer konnte man auf einer schiefen Ebene, die am Rand der Treppe verlief, hinunterfahren und das Ganze dann wieder zum Aufgang bergauf. Es waren 38 Grad Celsius draußen, das sagt das Zuginformationssystem bevor man aussteigt, aber im Bahnhof gab es wieder Klimaanlage. Ein junger Mann brachte uns mit dem Auto zum Hotel, keine 10 Minuten entfernt. Immer noch 38 °C und ein stürmischer Wind. Hoffentlich fährt bei diesem Wind die Seilbahn morgen. An der Rezeption holten wir uns die Informationen, wie wir morgen den Berg besteigen werden. Das Hotel liegt direkt am Fuße des / der Berge. Das Zimmer stank nach Rauch, aber das ist hier kein Beschwerdegrund. Unser Eindruck ist, dass wir den Flur ganz alleine für uns haben, wenn nicht den kompletten Hotelflügel und das Hotel ist ganz schön groß.
Nachtrag 3.9.2024:
Das Hotel ist so groß, dass Chingiz Khans Armee ohne Probleme hier absteigen hätte können. Es ist auf große Gruppen ausgelegt. Zum Abendbrot saßen wir an einem 10 Personentisch mit typisch chinesischer Glasdrehscheibe, der Rest des Restaurants war leer. Punkt 19 Uhr füllte sich der Raum mit einer Gruppe von 60 Auslandschinesen (6 Tische), überwiegend ältere Personen die einen Heiden-Lärm verursachten. Aber sie waren unglaublich lustig. Bei Gelächter und vielen Zwischenrufen wurde sich mit Tee und Wasser zugeprostet und alle 60 tranken nach dem Trinkspruch. Für den morgigen Tag sagte die Rezeptionistin Regen voraus. Nach zwei Tagen heftigen Windes konnte es nur so sein. Wir werden vorbereitet sein.

4.September 2024 Huashan

Wecker stellen, zeitig frühstücken, 8 Uhr Shuttle zum Fuße des Berges (5 Minuten).
Das Gebirge erwächst vor uns direkt aus der Ebene. Wir laufen über einen großen Platz, auf dem ältere Frauen sehr elegant mit einem Federball Fußball spielen und sich gegenseitig mit allen möglichen Tricks beeindrucken wollen. Bei mir hat es funktioniert. Wenige Meter weiter dringt laute Musik aus dem Lautsprecher. Wie in einem Klassenraum unter freiem Himmel performen andere Frauen eine Art „Makarena“ unter Anleitung. Sie nehmen das ernst und lassen sich nur ganz kurz ablenken, als sie merken, dass ich fotografiere.
Wir laufen auf Absperrgitter zu, sehen aber keine Menschen. Rechts davon ist das Ticketoffice und wir erwerben erst einmal ein Bilet für den Bus, der uns bis zur Talstation der Doppelmayr Seilbahn bringt. Das geht alles zügig.
An der Seilbahnstation befanden wir uns schon mittendrin im Gebirge. Das Seilbahn-Ticket kaufen wir auch, obwohl es die Möglichkeit gibt, in 2-3 Stunden hochzulaufen. (Doch dafür haben wir keine Zeit.) Vor die Seilbahn hat der Chinese eine riesige Halle mit Absperrungen gebaut, durch die sich die Menschenmassen schlängeln sollen, bevor die Fahrt beginnt. Zum Glück können wir nur am fernen Ende der Halle schlängelnde Menschen ausmachen. Wir bewegen uns vorwärts und schon ganz besoffen von den vielen Kurven durch die Absperrungen, kommen wir am Ende an und verlängern die Schlange. (Die Kapazität der Busse ist größer als die Seilbahnaufnahmefähigkeit.) 20 Minuten sind wir Teil der chinesischen Schlange, die sich von Rand zu Rand bewegt und an den Rändern der Halle mit Würstchen, Teilchen und Getränken gefüttert wird. Ja, essen können die Chinesen immer und überall.
In knapp 10 Minuten ging es hinauf auf den Berg. Oben spuckte die Bahn uns aus, und wir bewegten uns in der wiedervereinten Schlange vorwärts, wie eine Schlange, kriechend.
Denn eine Schlange bewegt sich nicht schneller als ihr langsamsten Glied. Das waren in unserem Fall ältere Menschen oder Lastenträger, die auf traditionelle Weise mit einem Stock über den Schultern und großen schweren Säcken links und rechts von der Seilbahnstation die Waren zu den Restaurants, Hotels, Klöstern auf den Berg trugen. Die Träger hatten immer Vorfahrt. Nach einer Weile in trauter Gemeinschaft laufend, wobei sich doch einige der Chinesen an uns vorbei drängelten, schwante mir Böses. Ob wir wohl alle Gipfel schaffen würden? Der Weg führte relativ steil bergauf, wobei der größte Teil des Weges Stufen waren. Die älteren Chinesen, Hut ab vor ihrer Leistung, kamen da schon mal außer Atem und mussten eine Pause einlegen. Da auf den Treppen auch Gegenverkehr herrschte, war an Überholen meist nicht zu denken.
Die Schlange stoppte. Nach 10-15 Minuten erreichten wir den ersten Gipfel, gleich links von der Bergstation. Hier hielten Uniformierte uns an und forderten uns auf, uns auszuruhen, bevor wir die Gipfel-Plattform betraten. Sehr aufmerksam, denn es war extrem warm, die Luft mit Feuchtigkeit gesättigt, die Sonne brannte auf uns hernieder (wir waren ihr ja schon viel näher als in der Ebene). Das Wetter hatte sich glücklicherweise nicht an die Regenvorhersage gehalten, aber die Gefahr einen Hitzschlag zu bekommen, erhöhte sich durch die hochsommerlichen Bedingungen, besonders im fortgeschrittenen Alter. Da wir uns nicht erschöpft fühlten, hörten wir nicht auf sie und liefen weiter, um endlich eine Aussicht genießen zu können.
Mit Genießen wurde es nichts. Auf der Plattform drängten sich viele Menschen. Wahrscheinlich war die Überfüllung wohl der wahre Grund, warum die Leute gestoppt wurden. Hier wurden wir Zeuge wie heftig es zugeht, wenn sich zwei chinesische Frauen streiten. Die Eine wollte immer und immer noch ein Foto, die Andere wollte ihr bei einer langen Schlange so viel Zeit auf dem besten Fotospot nicht zugestehen. Es blieb aber bei der verbalen Auseinandersetzung. (Vielleicht, weil die Gewichtsklassen sehr unterschiedlich waren?) Was mir unklar ist, wie ist das mit dem Gesichtsverlust in diesem Fall?
Viel zum Fotografieren kam ich nicht, was weniger mit dem Anstellen an den besten Plätzen zu tun hatte, sondern damit, dass ich selbst zum Fotoobjekt auserkoren wurde. Toma wurde es aber irgendwann zu viel und meinte zu den Chinesinnen, ich wäre ihr Mann.
Der Gipfel war der nördlichste Punkt der gesamten Wanderroute. Vor uns lagen 7 Stunden Trekking, um alle Gipfel zu besteigen.
(Nach langem Suchen in der Wikipedia gefunden)
Der Huà Shān (chinesisch 華山 / 华山) ist einer der fünf heiligen Berge in der Provinz Shaanxi in der Nähe der Kreisstadt Huayin der Volksrepublik China.
Das Gebirgsmassiv ist wegen seiner steilen, malerischen Felswände und seiner gefährlichen Steige auf die Gipfel berühmt. Mehrere Gipfel bis 2155 m sind durch Bergpfade miteinander verbunden. Entlang der Pfade befinden sich Klöster, Pagoden, Tempel, Brücken und Tore.
Im alten chinesischen Weltbild, das das Reich der Mitte als Quadrat betrachtete, verkörpert das Hua-Shan-Gebirgsmassiv den westlichen Eckberg.
Der Dongdao-Tempel, einer der 21 wichtigsten daoistischen Tempel auf der Liste des chinesischen Staatsrates, befindet sich im Hua Shan.
Vom Nordgipfel verlief die Route zum Zentralgipfel, machte einen Kreis über Ost, Süd nach Westen zurück zum Zentralgipfel und von da ging es zurück in den Norden zur Seilbahnstation. Das war der Plan.
Das längste Stück verband den Nordgipfel mit dem zentralen. Geschätzt ging es 500 Meter bergauf, vorbei an daoistischen Klöstern, Restaurants und Hotels, alles im traditionellen Stil erbaut und sich wunderbar in die Landschaft einfügend. Das zentrale Wegstück ist die Himmelsleiter. Ein nahezu 45 Grad steiler Abschnitt, der exponiert aber gesichert auf einem Felsrücken nach oben führt. Schmale in den Fels gehauene Treppen, womöglich noch aus dem 3. - 5. Jahrhundert – gut ausgetreten, führen nach oben. Die Stufen bieten den Füßen kaum Platz (10-15 cm breit) und die am Rand frei baumelnden Eisenketten vermitteln eher virtuelle Sicherheit, als dass sie eine große Aufstiegshilfe darstellen.
Seit neuestem gibt es keinen Gegenverkehr (ein zweiter Weg geht nach unten am Hang entlang), was aber nicht von allen Chinesen beachtet wird. Bei über 30 Grad Schwüle ist dieses Stück der Hammer.
Die Himmelsleiter

Da waren sie wieder meine 3 Probleme, steil, warm und relativ schwerer Rucksack. Wir liefen langsam und stetig. Die meisten Chinesen schnell und in Intervallen. Wir holten sie nach 5 Minuten wieder ein, wie sie nach Luft japsend am Rand saßen, und ich lächelte sie an. Nach weiteren 5 rannten sie lächelnd wieder an uns vorbei. Aber auch wir machten Pausen und ließen den Körper ab und zu im Schatten ein wenig abkühlen. Letztendlich kamen wir alle oben an.
Es gab Stellen, da führten die Stufen senkrecht nach oben, links und rechts begrenzt durch eiserne Ketten. Diese Stellen konnte man zum Glück umgehen. Für die Chinesen waren das die Highlights des Weges und sie feuerten sich gegenseitig beim Überwinden des Hindernisses an.
Viel Trinken war angesagt, denn der Flüssigkeitsverlust, T-Shirt und Wanderhose waren nassgeschwitzt, musste ausgeglichen werden. Zu Trinken gab es überall, eine Flasche Cola kostete 15 Yuan (knapp 2 Euro). Ein sehr moderater Preis.
Wenn wir uns umschauten, da war diese perfekte, ideale Natur, es schien, als würden wir auf typische chinesische Malerei schauen, nur die bunten Vögel fehlten, nur Elstern (der Glücksvogel der Chinesen) und Krähen gab es. Bereits die Kaiser zu Beginn der Zeitrechnung wussten die Schönheit des Gebirges zu schätzen und so verwundert es nicht, dass wir heute einen der 5 heiligen Berge Chinas bestiegen.
Irgendwann erreichten wir den Gipfel des zentralen Berges und hatten nun Sicht in verschieden Richtungen und das trotz des Dunstes. In Richtung Horizont verblassten die Berge aber zusehends.
Der Dunst schaffte aber einen prima fotografischen Hintergrund für die uralten Kiefern, die wohlgeformt und exponiert auf den kahlen Granitfelsen standen. Entsprechend war die Bilderausbeute heute hoch. (80 GB Material, wobei ich ja nur den hochauflösenden Sensor benutze.)
Die Absperrungen waren hier oben alle mit roten Bändern geschmückt, die mit Schlössern für die Ewigkeit festgemacht waren. Ich gehe mal davon aus, dass die Bänder Wünsche in Erfüllung gehen lassen sollen. Das Rot stellte einen zusätzlichen Farbtupfer in der Landschaft dar, für Foto-Puristen störten sie gelegentlich.
Besonders gefallen hat uns der „Chess Tempel“. Der Weg dorthin führte leider über vertikale Stufen im Felsen und bot keine Umgehungen. Aber selbst aus einer gewissen Entfernung und das von den unterschiedlichsten Blickwinkeln stellte der „Chess Tempel“ ein verzauberndes Motiv dar.
Hier kam alles zusammen, Chinesische Architektur, blanker Fels, uralte knochige Kiefern auf einem exponierten Stück Felsen, im Hintergrund eine großartige Bergkulisse oder aber der blaue Dunst des Horizontes. Für uns bot der Himmel noch eine sehr fotogene Wolke auf.
Oben auf dem Gipfel war die Hitze ein wenig erträglicher. Ein leiser Wind umschmeichelte unsere schweißtriefenden Sachen und brachte abkühlende Erleichterung. Wir waren bereits unterwegs zum Südgipfel. Immer neue atemberaubende Sichten auf die zerklüftete Berglandschaft taten sich auf.
Die gegenüberliegende Bergkette hatte auf den Gipfel Granitfelsen, die an Türme der chinesischen Mauer erinnerten. Es war etwas Besonderes hier oben gehen zu dürfen.
Auch nicht für alle war der Bretterweg zum Himmel. Eine Art Klettersteig, der jedes Jahr einige Tote fordert. Bekannt ist der „Weg“, der an einer senkrechten Felswand entlangläuft, die hunderte Meter nach unten geht, durch viele Internetvideos, die ihn oft bei Überfüllung zeigen.
Der Steig führt auf einen Gipfel, etwa 20 Minuten und wieder zurück. Die Wagemutigen müssen sich also ständig auf einem schmalen Brett hunderte Meter über Grund ausweichen, dabei die Sicherheitsausrüstung an und abschnallen, sind also exponiert. Bevor man sich in das Abenteuer begibt, muss man alles ablegen, nur ein Handy ist erlaubt, um das eine oder andere Foto zu machen. Am Eingang werden alle mit Klettergurten von den Instrukteuren ausgerüstet. Eine Einweisung gibt es nicht. Für den Nervenkitzel muss man extra bezahlen.
Wir trafen ein junges russisches Pärchen, dass ganz versessen darauf war, den Weg zu gehen. Als wir den Weg dann sahen, wäre ich wohl auch die ersten 30 Meter gegangen, aber was dann kam, war ungewiss, nicht einsehbar und die Bilder im Netz zu heftig. Außerdem hatten wir keine Zeit, denn 20 Minuten war die Zeit für eine Strecke ohne Gegenverkehr. Doch an dem Eingang stauten sich die Besessenen. Bemerkenswert war für mich noch, dass auf einem freien Fleck, nicht größer als 9-10 m² ein Chinese eine Drohne startete, nebenan doch ne ganze Menge Menschen.
Der Südgipfel ist der höchste von allen 5.
Von hier war auch der Westgipfel schon zu sehen und es ging wieder auf einem Grat entlang berghoch, dorthin wo ein Kloster thronte. Die Mönche haben schon immer gewusst, was auf die Menschen Eindruck macht.
. Die Sonne war nun schon auf ihrer absteigenden Bahn, wir hatten uns an die Wärme gewöhnt und immer, wenn die Coca-Cola leer war, kauften wir zwei neue Flaschen.
Den letzten verbliebenen Gipfel hatten wir nun bestiegen und begaben uns über den Zentralgipfel zurück zur Seilbahn. Etwa 2 Stunden waren wir unterwegs. Es ging noch einige Male bergauf, doch im Wesentlichen mussten wir jetzt die vielen, vielen Stufen wieder hinuntergehen.
Physisch zwar einfacher und für mich ganz entspannt, es erforderte jedoch mehr Aufmerksamkeit, immer die schmalen Stufen zu treffen, als bergauf. Die Himmelsleiter umgingen wir, aber als wir zurückblickten, an der Stelle, wo sich die Wege wieder trafen, sahen wir den Weg auf dem Grat von der Seite und waren beeindruckt und fast ungläubig, dass wir da hinaufgestiegen waren.
Die Sonne ging 19 Uhr unter, in den Bergen verschwand sie aber schon vor um Sechs zuerst in einer Wolke und dann hinter den Bergen. In unserem Rücken hatten sich beim Heruntergehen Wolken angeschlichen und den Zentralgipfel in Nebel gehüllt.
Das gab kurzzeitig eine mystische Stimmung, aber auf den richtigen Sonnenuntergang brauchten wir nicht mehr zu warten, da sich jetzt schnell alles zuzog.
Seilbahn, Bus, alles zurück wie gekommen, nur, dass wir bei der Ankunft des Busses durch eine riesige Shopping Mall mit mehreren Restaurants (wie im Flughafen die Duty Free-Geschäfte) geleitet wurden. Als wir aus der unterirdischen Shoppingmeile wieder ans Tageslicht kamen, war Nacht. Rückfahrt mit dem Taxi (unsere erste Fahrt).
Nach 11,5 Stunden erreichten wieder das Hotel. Zum Abendbrot waren wir ganz alleine in dem großen Speisesaal. Die Auslandchinesen waren weitergezogen.

Die bseten Bilder vom heutigen Tag:

Huanshan-Berg

04.09.24

121 Bilder

5.September 2024 Huanshan – Emershan

Mit dem Taxi zum Bahnhof, 5 Stunden Zugfahrt bis Chengdu. In Chengdu endlich einmal richtig viel Chinesen. Der Bahnhof war gut gefüllt. Jetzt sitzen wir im Zug nach Emershan und morgen geht es auf den nächsten Berg.
Aus dem Internet: Schnellfahrstrecken in China – Passenger Dedicated Lines (PDL) (hochgeschwindigkeitszuege.com)
Für den Bau der insgesamt 426 Kilometer langen Neubaustrecken Würzburg – Hannover und Stuttgart – Mannheim gingen geschlagene 17 Jahre ins Land. In China dagegen wurden im gleichen Zeitraum mehr als 20.000 Kilometer an Schnellfahrstrecken aus dem Boden gestampft! Und im Januar 2022 war zu lesen, dass das chinesische Schnellfahrstreckennetz inzwischen auf sage und schreibe 40.000 Kilometer expandiert ist.
Der Startschuss zum Bau eines landesweiten, chinesischen Hochgeschwindigkeitsnetzes begann im August 1999. Im zweiten Halbjahr 2015 wurde die Marke von 20.000 Streckenkilometern überschritten, auf denen Hochgeschwindigkeitszüge unterwegs waren. Davon entfielen rund 11.000 Kilometer, die für Geschwindigkeiten zwischen 200 und 250 km/h trassiert waren, während auf 9.000 Kilometern Länge mit 300 km/h oder gar 350 km/h gefahren wurde. Bis dahin wurden umgerechnet rund 300 Milliarden US-Dollar in die schnelle Schiene investiert.
Die Leistungen im Bahnbau sind ohnegleichen. Aufwendige Brücken- und Tunnelbauwerke mussten innerhalb kürzester Zeit errichtet werden. Von Null an wurden Zugleitsysteme und Leitzentren installiert. Eine Vielzahl von Bahnhöfen entstanden praktisch aus dem Nichts.[6] Erschwerend kommt hinzu, dass die Trassen verschiedene Klimazonen durchqueren. Im Norden Chinas können die Tiefsttemperaturen -40° C erreichen, während im Süden bis zu +45° C herrschen können – eine Herausforderung für die Infrastruktur und das rollende Material.

Situation auf chinesischen Straßen: https://idaoffice.org/de/posts/chinese-traffic-rules-de/
Eine Viertelmillion Chinesen sterben jährlich durch Verkehrsunfälle. Verkehrsunfälle sind die Haupttodesursache für Menschen im Alter von 15 bis 45 Jahren. Viele Ausländer weigern sich, hinter dem Lenkrad zu sitzen, und entscheiden sich, lieber ein Auto mit Fahrer zu mieten. Der Straßenverkehr in China bleibt trotz aller Maßnahmen, die die chinesische Regierung unternimmt, ziemlich gefährlich. Sehr schnell und dicht Verkehr erfordert eine gute Kenntnis der Verkehrsregeln, Karten von Kreuzungen und Hauptstraßen. In den chinesischen Großstädten sind neben Autos, Motorrollern und Motorrädern auch der Stadtverkehr, unzählige Radfahrer, Rikschas und Taxis Verkehrsteilnehmer. In der Provinz werden Sie durch Motorwagen und Gütertransport ergänzt. Der gesamte Umfang dieser Fahrzeuge bewegt sich kontinuierlich, durcheinander, klingelt, signalisiert und summt.
Die Verkehrspolizei in China ist übrigens kaum zu sehen. Aber überall und überall hängen Überwachungskameras. Sie sind es, die alle Verletzungen beheben und Sie an einen zentralen Computer übertragen. Und dann werden automatisch Strafen vergeben, Punkte werden entfernt. Und niemand wird dem Übertreter eine Erinnerung über die Zahlung einer Strafe senden. Man muss selbst gelegentlich auf die Website des Straßenverkehrsamtes gehen und prüfen, ob sich dort etwas nicht allzu Angenehmes angesammelt hat. Sonst kann es passieren, dass eine Person bereits seit einem Monat ohne Führerschein ist, aber weiterhin auf den Straßen fährt, als wäre nichts passiert.

Bahnhof Emeshan

6.September 2024 Auf dem Berg Emeshan

Das Wetter schien sich zu ändern. Die App sagte Gewitter um 7 und 8 Uhr am Morgen voraus. Die Wetterradar App bestätigte dies in etwa. Das erschien uns nicht weiter schlimm, da wir ja bis 9 Uhr bestimmt im Taxi sitzen würden und zur Talstation der Seilbahn fahren und danach den ganzen Tag Sonne angesagt war. Nach ausgiebigem Studieren der sehr grob strukturierten Karten des Emeshan Gebirges, die wir auf einem Werbefoto sahen, hatte ich mir einen Plan zurechtgelegt, wie wir den Berg bezwingen wollten und dabei möglichst viel Kultur, viele Affen und wenig Menschen zu Gesicht bekommen würden. Als ich am nächsten Morgen durch einen durchdringenden Knall erwachte, schwante mir trotz Bestätigung der Vorhersage nichts Gutes. Draußen gewitterte es und goss in Strömen, wie das eben so in subtropischen Gegenden vorkommt. Als ich mich nach dem Frühstück mit eigenen Augen vom Wetter überzeugen wollte, aus dem Hotel auf den Vorplatz heraustrat, stand vor mir eine Chinesin die Arme voller Regenbekleidung und der Gepäckträger ihres Fahrrads mit noch mehr Vorrat. Sie hätte das ganze Hotel mit Regensachen einkleiden können. Doch erst als eine andere Chinesin aus dem Hotel auf uns beide zustürzte und meinte der Regen hört erst in 6 Stunden auf, war ich dann doch beunruhigt und schmiss meinen ambitionierten Plan über den Haufen. Wir deckten uns ein mit Regencape und Regenschuhen (plastik-gummiartige Überzieher über die normalen Straßenschuhe). Das Taxi zum Berg hatten wir schon gestern Abend bestellt und es holte uns auch pünktlich halb 8 ab. Wir erklärten dem Fahrer die Planänderung und sichtlich erfreut erhöhte er das Honorar auf das Doppelte.
Die 1,3 Kilometer bis zur Seilbahn - eine einzige Fressmeile. Alle horizontalen Abschnitte des Weges, die auf Treppen über Treppen folgten, waren an der rechten Seite besetzt mit Verkaufsständen, die überwiegend Essen anboten, wie ihr ja schon wisst, des Chinesen liebste Tätigkeit. Da wir noch gut gesättigt vom Frühstück im Hotel waren, interessierte uns das nur aus Gründen der Neugier. Kaligrafie-Künstler boten ihre Dienste an. Schmuckverkäufer, Spielzeug und praktische Dinge wie Regenschirme, Überzieher… konnte man erwerben. Regenschirme verkauften natürlich auch die Essstände, denn warum das Geschäft des heutigen Tages jemand anderem überlassen.
Langsam und gemütlich, eingepackt in das neu erworbene Regenzeug, schlenderten wir zur Talstation der Seilbahn.
Eine Hommage an die vielen fließigen Menschen, die China sauber halten.
. Die Blätter, die durch den Regen auf den Weg gefallen waren, räumten Frauen mit einer langen Zange, jedes einzelne Blatt anfassend weg. Die Ordnung in China wurde aufrechterhalten durch fleißig arbeitende Menschen, obwohl ausreichend Papierkörbe bereitstanden, sodass es jeder hätte selber machen können.
Die Menschenmassen hielten sich in Grenzen, obwohl man immer mal zur Seite gedrängt wurde, wenn es jemand sehr eilig hatte. Und den Eindruck hatten wir, vordrängeln ist genetisch veranlagt. Mit uns liefen auch buddhistische Nonnen, für die es ja einer ihrer heiligsten Berge war. Die Seilbahntalstation befand sich auf etwa 2500 Meter über Meereshöhe.
Die Sauerstoffkonzentration in der Luft wurde hier schon geringer. Die Luftfeuchtigkeit war am Limit, obwohl der Regen langsam nachließ und es zum Schluss nur noch von den Bäumen regnete. Auf der linken Seite war Wald. Nur ab und zu hatten wir freie Sicht nach unten, sofern man überhaupt bei dem diesigen, nebligen Wetter von Sicht sprechen konnte.
An der Seilbahnstation angekommen, hörte es auf zu regnen. Der ursprüngliche Plan sah vor 1700 Höhenmeter bis zur Talstation zu laufen, hier am späten Nachmittag anzukommen und den Rest mit der Seilbahn zu überwinden. Da wir nun aber schon 10 Uhr hier angekommen waren, und es nur 6 Kilometer bis zum Hotel waren, entschlossen wir uns, diese zu Fuß zu gehen. Gleich zu Beginn des Weges passierten wir ein Kloster. Das Kloster bot auch Unterkünfte an, wir befanden uns ja auf einem Pilgerweg.
Der Aufstieg verlief im schattigen Wald auf sehr gut ausgebauten Treppen, ohne ausgesetzte Stellen, aber steil bergauf. 500 Höhenmeter wollten überwunden werden, grob geschätzt 2000-2500 Treppen. Die Gesamtlänge der Treppen beginnend in Emeshan bis zum Gipfel soll sich auf 60.000 Treppen belaufen.
Der Regen hatte aufgehört, was uns eine fantastische Sicht auf die Berge unter uns bescherte. Die Sonne durchbrach immer öfter die Wolken, sodass es warm und schwül wurde, nur der flaue Wind, der um das schweißnasse Nicky strich, verschaffte uns ein wenig Abkühlung. Affen sahen wir leider keine, obwohl Toma sich schon so auf sie gefreut hatte (sie hatte dafür extra einen Wanderstock mit). Dafür sahen wir Hörnchen, sehr ähnlich den amerikanischen Streifenhörnchen, die sich an den Essensresten, die die Touristen an den vielen Bänken zum Ausruhen hinterlassen hatten, bedienten. Es war ein sehr grüner Wald, mit viel Moos, den hohen Niederschlägen geschuldet, alten Kiefern und subtropischer Flora.
Nach zwei Dritteln passierten wir einen weiteren Tempel, dem ein weiträumiger Garten vorgelagert war, in dem große Kohlköpfe wuchsen. Das Beten übernahm ein Lautsprecher, der seinen Strom von einer kleinen Solarzelle bezog. (Ähnlich der solarbetriebenen Gebetsmühle, die wir aus Tibet mitgebracht hatten). Die Mönche wissen zu delegieren, selbst ihr Core-Business.
Mit wachsender Höhe schien der Sauerstoffmangel sich bemerkbar zu machen. Aber wir hatten ja Zeit und liefen sehr langsam. Oben angekommen, also an der Stelle, wo die Menschenmassen sich von der Seilbahn kommend, mit den wenigen, die den Aufstieg zu Fuß absolviert hatten, vereinten, suchten wir nach unserem Hotel. Im 2. Versuch fanden wir es (gleich am Abgang der Seilbahnstation), checkten ein, erholten uns ein wenig und dachten, da war aber der Huashan–Berg viel besser, denn bisher hatten wir eigentlich noch nichts Spektakuläres gesehen. Erholt reihten wir uns wieder ein in den Strom der Touristen, und es waren ausschließlich Chinesen.An den zwei Tagen auf dem Berg haben wir gerade einmal 3 Langnasen gesehen.
Es ging noch ein wenig bergauf, wir passierten das Eingangstor, das ja immer einem Palast gleicht und sahen dann völlig verdattert, am unteren Ende einer Treppe stehend, oben eine gewaltige, goldene Statue, um die die Wolken waberten, sie verschwinden und wieder auftauchen ließen.
Ein bisschen erinnerte mich das an Myanmar. Als die Wolke sich überlegt hatte, weiterzuziehen, die Sonne das Gold so richtig glänzen ließ, da ging schon eine Verzauberung von dieser mächtigen Buddhastatue aus, die viele Köpfe (10) hatte, so dass man immer einem Buddha in die Augen schaute, wenn man die Statue umrundete.
Rings um das Gebilde standen Glasgefäße, ähnlich wie Laternen, in denen Opferkerzen für Buddha platziert wurden und dann ohne die Statue zu verrußen abbrannten. Die Kerzen konnte man vor Ort bei einem Mönch (oder seinem Gehilfen) erwerben und wurden dann von ihm in die Glasbehälter gestellt. Wir begaben uns auf die Kora und schauten noch ins Innere des Heiligtums
.Rings um den Platz mit dem Mittelpunkt Buddhas waren Tempel angeordnet. Im Osten des Platzes befand sich der Goldgipfel Tempel. Wie schon in den davor besichtigten Tempeln, geht heute das Spenden mit dem Handy per Alipay oder WeChat, doch auch Cash ist möglich. Für den Goldgipfeltempel zahlt man, und das ist das erste Mal, dass wir dies erleben, noch einmal extra Eintritt.
Hier noch kurz aus der Wikipedia einige Infos:
Seit dem 6. Jahrhundert ist der Berg angeblich schon das Ziel buddhistischer Pilger. Nach der Kulturrevolution und mit dem rasanten Anstieg des Binnentourismus in den letzten Jahren hat die Zahl der Besucher wieder dramatisch zugenommen. Der Aufstieg zu Fuß, über zwei verschiedene Routen (traditionell wurde jeweils eine für den Auf- und eine für den Abstieg genutzt), dauert zwischen zwei und drei Tagen. Die Wege bestehen fast nur aus Treppenstufen. Sie sind weniger überfüllt als man vermuten könnte, da eine neu gebaute Straße auch den Kraftverkehr bis fast zum Gipfel ermöglicht, wo man daher unvermittelt auf gewaltige Menschenmassen, Geschäfte und Parkplätze stößt. Der Besuch des Berges ist kostenpflichtig.
Berühmt ist der Berg für seine Aussichten und den Anblick des Sonnenaufgangs, jedoch meist durch Nebel und Wolken verdeckt. Vom Gipfel kann man bei niedrigerer Wolkendecke manchmal regenbogenartige Spiegelungen auf den Wolken unter sich sehen. Dieses Phänomen galt einigen Buddhisten als Reines Land, in das teilweise so viele Menschen hinabzuspringen versuchten, dass schon zur Zeit der Ming-Dynastie als Gegenmaßnahme Absperrungen errichtet wurden.
Viele Fotos, denn die Lichtsituation änderte sich ständig durch die rasch vorbeiziehenden Wolken und den Stand der Sonne. Nach knapp zwei Stunden im Gewühle, ganz so schlimm war es nicht (es war Freitag und zum Glück kein Wochenende), kehrten wir zum Hotel ganz in der Nähe zurück, uns ein wenig zu erholen.
Danach Essen im zentralen Restaurant, wir sind immer noch am Durchprobieren der Speisen und bestellen meistens zu viel. Das ist aber in China ganz normal und gehört sogar zum guten Ton. Würde man alles aufessen, wäre das eine Beleidigung des Gastgebers. Es ging auf 18 Uhr zu, als wir das Restaurant verließen. Noch einmal die Runde zu Buddha und den Sonnenuntergang fotografieren.
Nonnen
Die Wolken waren jetzt alle unterhalb des Berges, aber auch am Horizont. Unter uns also ein fotogenes Wattemeer, am Horizont Wolken, die uns den Sonnenuntergang nicht erleben lassen werden.
Trotzdem, das Licht war toll und prallte auf das Gold Buddhas oder die Sonnensterne (fotografische) im Bild mit der Buddhastatue waren eine Freude für jeden Fotografen.
Zum Glück hatten wir warme Sachen dabei, denn auch in den Subtropen ist es auf über 3000 Metern kalt, wenn die Sonne hinter den Wolken verschwindet.
Noch einmal alle Bilder vom Emeshan im Überblick:

Emeshan

05-07.09.24

99 Bilder

7.September 2024 Berg Emeshan – Chengdu

Toma fragte an der Rezeption, wo es Frühstück gäbe. Die Rezeptionistin schaute nicht von ihrem Bildschirm auf und machte nur zwei Bewegungen mit der Hand in eine Richtung, Richtung Eingangstür. Wir schauten aus dem Hotel und sahen außer Nebel und Regen nichts. Toma fragte noch einmal. Wieder diese Handbewegung, die Deutsche verstehen wie: Mach, dass du wegkommst. Mit einem Gesichtsausdruck der tiefsten Gekränktheit, dass man ihr 2 Sekunden ihrer wertvollen Zeit gestohlen hatte. Die Lobby war leer, wir die einzigen Hotelgäste. Wir nahmen an, dass wir im Zentralrestaurant Frühstück bekommen würden. Regenkleidung anziehen und auf ging’s. Das Restaurant war schon prächtig gefüllt, obwohl wir 2 Minuten nach Beginn der Frühstückszeit dort eintrafen. Ein Büfett mit ausschließlich chinesischen Speisen war aufgebaut und davor war die chinesische Mauer, also eine Mauer aus Chinesen, die alle Hunger hatten. Ob man das Büffet von rechts nach links begehen sollte oder umgekehrt, erschloss sich uns nicht. Wir versuchten vorsichtig der Nahrung näher zu kommen. Vorsicht war aber die falsche Strategie, was wir ziemlich schnell feststellen mussten, denn sie war mit der Strategie der Anderen nicht kompatibel. Entschlossenheit war gefragt. Doch diese stellte sich nicht ein, denn wir konnten uns nicht so schnell entschließen, welches der Gerichte wir essen sollten. Europäisch sah vielleicht noch das Ei aus, was geviertelt dalag. Keine Entscheidung ist auch eine Entscheidung, wir verhungern, also probieren wir alles, so ziemlich alles eben mal einfach aus. Das Ei war dabei wohl die schlechteste Entscheidung, es war zwar geviertelt, aber mit Schale, die nicht abging. Toma fragte sehr diplomatisch nach Kaffee, also: „Haben Sie Kaffee oder Tee.“ Sie hatten Milch. Zwei Sorten von Milch, Kuhmilch und Sojamilch.
Die anderen Versuche (Essensvarianten) machten uns satt.
Aus unseren Plänen, der Abstiegsroute, wurde wieder nichts. Der Berg war eingehüllt in Wolken. An Sonne nicht zu denken. Wandern durch den Nebel ohne jegliche Aussicht auf Besserung wollten wir nicht, da wir auch noch etwas erschöpft vom gestrigen Tag waren.
Also mit der Bahn runter, von der Talstation die 1,3 Kilometer entlang der Fressmeile. Wochenende: ein nicht abreißender Strom von Chinesen kam uns entgegen auf der ganzen Breite des Weges. Mitten im Strom, als würden sie auf den Wellen schwimmen, ältere Chinesen und Chinesinnen auf einem Metallgestell liegend, getragen von zwei Chinesen, einer hinten, einer vorne.
Als wir das Busticket kauften, sollten wir unsere Hinfahrt-Tickets zeigen. Nach etwas Suchen fand ich sie. Für die Kassiere ist es einfacher uns im System wiederzufinden, als unsere Passnummern erneut einzugeben. Auf dem Ticket ist immer die Passnummer vermerkt, wobei einige Zahlen ausgesternt sind. Man hat uns also immer unter Kontrolle. Wir sollten den Bus 3 nehmen, den es natürlich nicht gab. Da eh nur ein Bus fuhr, stiegen wir ein und da keiner unser Bilet beanstandete, waren wir wohl richtig. Es ging zurück zum Ausgangspunkt. Angekommen stiegen manche aus, manche nicht. Wir zeigten auf einem sehr groben Plan, wo wir hinwollten und wurden nun gebeten auszusteigen und dann doch wieder einzusteigen. Toma fand ihre Karte vom letzten Hotel und nun waren sich alle einig, wir mussten aussteigen. Ich erkannte die Umgebung auch, das Hotel war nur 300 Meter entfernt.
Zuerst gingen wir noch in die Touristeninformation, was sich aber als Ticketcenter herausstellte. Dort suchten wir eine hypermoderne Toilette auf, die auf einem Bildschirm die Belegung der Kabinen und Pissoires vor dem Eingang zeigte. (Na da lag ich ja so falsch nicht mit meinen Überlegungen dazu.)